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Das
einzige erhaltene germanische Heldenlied in deutscher Sprache; von zwei Händen
ca. 830/40 auf den freigebliebenen Außenseiten einer lat. theol. Hs. im Kloster
Fulda eingetragen. Die Sprache ist gemischt oberdeutsch/niederdeutsch. Es fehlt
der Schluß mit dem Tod des jungen Hadubrant, der sich aus späteren nordischen
Versionen der Sage erschließen läßt.
Der Text nach: Denkmäler deutscher Poesie und Prosa aus dem VIII.–XII. Jahrhundert,
hg.v. K. Müllenhoff und W. Scherer, Berlin 1892; Übersetzung von Horst Dieter
Schlosser, Althochdeutsche Literatur, 1970.
Ein
leicht variierter e-Text ist samt Abbildung der Handschrift zu finden bei der
Bibliotheca Augustana.
Unter den 'Leseproben' der Tübinger Abteilung ist das 'Hildebrandslied' auch vollständig aufgenommen (Sprecher: Burghart Wachinger)
Weitere
althochdeutsche Texte im Netz sind zusammengestellt bei Mediaevum
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Ik gihorta đat seggen, |
Ich hörte (glaubwürdig)
berichten, |
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đat sih urhettun
ćnon muotin, |
daß zwei Krieger, Hildebrand
und Hadubrand, (allein) |
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Hiltibrant enti Hađubrant untar heriun tuem. |
zwischen ihren beiden
Heeren, aufeinanderstießen. |
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sunufatarungo:
iro saro rihtun, |
Zwei Leute von gleichem Blut,
Vater und Sohn, rückten da ihre Rüstung zurecht, |
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5 |
garutun sê iro guđhamun, gurtun sih iro suert ana, |
sie strafften ihre
Panzerhemden und gürteten ihre |
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helidos, ubar hringa do sie to dero hiltiu ritun. |
Schwerter über die Eisenringe,
die Männer, |
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Hiltibrant gimahalta, [Heribrantes sunu,] her uuas heroro man, |
Hildebrand, Heribrands
Sohn, begann die Rede – er war der Ältere, |
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ferahes frotoro;
her fragen gistuont |
auch der Erfahrenere –,
mit wenigen Worten |
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fohem uuortum,
hwer sin fater wari |
fragte er, von welchen
Leuten im Volk |
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10 |
fireo in folche,
. . . . . . . . . . . . |
der Vater des anderen sei, |
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. . . . . . . . . . . . «eddo hwelihhes cnuosles du sis. |
„oder (sag mir,) zu
welchem Geschlecht du zählst. |
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ibu du mi enan sages, ik mi de odre uuet, |
Wenn du mir nur einen
nennst, weiß ich schon, wer die |
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chind, in chunincriche: chud ist mir al irmindeot.» |
andern sind, die
Angehörigen im Stammesverband. Ich kenne das ganze Volk.“ – |
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Hadubrant gimahalta, Hiltibrantes sunu: |
Hadubrand, Hildebrands
Sohn, antwortete: |
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15 |
«dat sagetun mi
usere liuti, |
„Es haben mir unsere Leute
gesagt, |
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alte anti frote,
dea erhina warun, |
alte und erfahrene, die
schon früher lebten, |
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dat Hiltibrant hćtti min fater: ih heittu Hadubrant. |
daß mein Vater Hildebrand
heiße. Mein Name ist Hadubrand. |
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forn her ostar giweit, floh her Otachres nid, |
Einst ist mein Vater nach
Osten gezogen, auf der Flucht vor Odoakars Haß,[1] |
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hina miti Theotrihhe enti sinero degano filu. |
zusammen mit Theoderich
und vielen seiner Krieger. |
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20 |
her furlaet in lante luttila sitten |
Er hat in der Heimat, in
seinem Haus |
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prut in bure,
barn unwahsan, |
hilflos und ohne Erbe
seine junge Frau (und) ein kleines Kind |
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arbeo laosa:
her raet ostar hina. |
zurückgelassen. Er ist
nach Osten fortgeritten. |
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des sid Detrihhe
darba gistuontun |
Danach sollte Dietrich den
Verlust meines Vaters |
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fateres mines.
dat uuas so friuntlaos man: |
noch sehr spüren: er war
so ohne jeden Freund. |
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25 |
her was Otachre
ummet tirri, |
(Mein Vater aber,)
Dietrichs treuester Gefolgsmann, |
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degano dechisto
miti Deotrichhe. |
hatte seinen maßlosen Zorn
auf Odoakar geteilt. |
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her was eo folches at ente, imo was eo fehta ti leop: |
Immer ritt er dem Heer voran.
Jeder Kampf war ihm so sehr willkommen. |
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chud was her. . . chonnem mannum. |
Die Tapfersten kannten
ihn. |
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ni waniu ih iu lib habbe» . . . |
Ich glaube nicht, daß er
noch am Leben ist.“ – |
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30 |
«wettu irmingot, [quad Hiltibrant] obana ab hevane, |
„Ich rufe Gott vom
Himmel“, sprach Hildebrand da, „zum Zeugen an, |
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dat du neo dana halt mit sus sippan man |
daß du bisher noch nicht
einen so nah Verwandten |
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dinc ni gileitos» . . . |
zum Gegener gewählt hast.“ |
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want her do ar arme wuntane bauga, |
Darauf löste er Ringe vom
Arm, |
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cheisuringu gitan,
so imo se der chuning gap, |
aus Kaisergold
geschmiedet, wie sie ihm der König, |
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35 |
Huneo truhtin:
«dat ih dir it nu bi huldi gibu.» |
der Herrscher der Hunnen,[2]
geschenkt hatte: „Das schenke ich dir aus Freundschaft.“ |
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Hadubrant gimahalta, Hiltibrantes sunu: |
– Hadubrand, Hildebrands
Sohn, entgegnete aber: |
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«mit geru scal man
geba infahan |
„Ein Mann soll (solche) Gaben
mit dem Speer aufnehmen: |
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ort widar orte.
. . . . . . . . . . . |
Spitze gegen Spitze! |
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du bist dir, alter Hun, ummet spaher, |
Alter Hunne, du bist
überaus listig; |
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40 |
spenis mih mit dinem wortun, wili mih dinu speru werpan. |
wiegst mich mit deinen
Worten in Sicherheit, um mich dann (um so besser) mit deinem Speer zu
treffen. |
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pist also gialtet man, so du ewin inwit fortos. |
Du bist schon so alt, und
doch bist du immer (noch) voll Hinterlist. – |
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dat sagetun mi
seolidante |
Ich weiß es von
Seefahrern, die westwärts über Meer |
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westar ubar wentilseo, dat inan wic furnam: |
(gekommen sind), daß ein
Kampf mir meinen Vater genommen hat: |
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tot ist Hiltibrant, Heribrantes suno.» |
tot ist Hildebrand, der
Sohn Heribrands!“ – |
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45 |
Hiltibrant gimahalta, Heribrantes suno: |
Hildebrand, Heribrands
Sohn, sagte da: |
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«wela gisihu ih
in dinem hrustim, |
„An deiner Rüstung sehe
ich deutlich, |
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dat du habes heme
herron goten, |
daß du zuhause einen
mächtigen Herrn hast |
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dat du noh bi desemo riche reccheo ni wurti. - |
und daß du dieses
Herrschers wegen noch nicht in die Verbannung hast gehen müssen. – |
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welaga nu, waltant got», quad Hiltibrant, «wewurt skihit. |
O waltender Gott“, fahr
Hildebrand fort, „das Schicksal will seinen Lauf! |
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50 |
ih wallota sumaro enti wintro sehstic ur lante, |
Ich bin sechzig Sommer und
Winter außer Landes gegangen. |
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dar man mih eo scerita in folc sceotantero: |
Da hat man mich immer in
die Schar der Bogenschützen gestellt. |
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so man mir at burc enigeru banun ni gifasta, |
Nachdem mich vor keiner
Burg der Tod ereilt hat, |
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nu scal mih suasat chind suertu hauwan, |
soll es nun geschehn, daß
mich mein eigener Sohn mit dem Schwert erschlägt, |
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breton mit sinu billiu, eddo ih imo ti banin werdan. |
mich mit seiner Waffe zu
Boden fällt – oder daß ich ihm den Tod bringe. |
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55 |
doh maht du nu aodlihho, ibu dir din ellen taoc, |
Doch kannst du nun leicht,
wenn deine Kraft ausreicht, |
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in sus heremo man
hrusti giwinnan, |
von einem so alten Krieger
die Rüstung gewinnen, |
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rauba birahanen,
ibu du dar enic reht habes.» - |
die Beute an dich bringen,
wenn du irgendein Recht darauf haben wirst.“ – |
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«der si doh nu argosto quad Hiltibrant ostarliuto, |
„Der wäre nun wirklich
einer der Feigsten unter denen, die nach Osten gegangen sind“, sprach
Hildebrand, |
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der dir nu wiges warne, nu dih es so wel lustit, |
„der dir den Kampf
verweigern wollte, da du so darauf brennst, |
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60 |
gudea gimeinun:
niuse de motti |
auf den Kampf zwischen
uns. So erprobe nun der, dem es auferlegt ist, |
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hwerdar sih hiutu
dero hregilo rumen muotti, |
wer von uns beiden den
Harnisch verlieren muß, |
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erdo desero brunnono bedero uualtan.» |
wer von uns beide Brünnen
gewinnen wird!“ |
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do lettun se ćrist
asckim scritan, |
Da ließen sie zunüchst die
Eschenlanzen |
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scarpen scurim:
dat in dem sciltim stont |
gegeneinander rasen, mit einem
so harten Stoß, daß sie sich fest in die Schlde gruben. |
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65 |
do stoptun to samane staimbort chludun, |
Darauf ließen sie ihre
laut dröhnenden Schilde selbst aufeinanderprallen. |
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heuwun harmlicco
huitte scilti, |
Sie schlugen voll Ingrimm
auf die weißen Schilde ein, |
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unti im iro lintun
luttilo wurtun, |
bis ihnen das Lindenholz
zu Spänen zerfiel, |
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giwigan miti wabnum . . . . . . . . . . . |
von den Waffen
zerschlagen... |
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Derselbe Stoff wie das ‘Ältere Hildebrantslied’ begegnet hier in spätmittelalterlicher Form als Ballade. Sie ist seit der 2. Hälfte des 15. Jhs. weit verbreitet. Die Strophenform ist der sogenannte ‘Hildebrandston’, der in einer Art Rezitativgesang vorgetragen werden konnte.
Text aus: Das deutsche Volkslied, hg.v. John Meier I: Balladen, 1935; eine Übertragung findet sich bei Michael Curschmann und Ingeborg Glier, Deutsche Dichtung des Mittelalters I: Von den Anfängen bis zum hohen Mittelalter, Ffm 1987.
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[1]
Diese Exilvorstellung deutet eine historische Situation um, in der die Ostgoten
unter Theoderich (=Dietrich; 455–525) den germanischen Volkskönig Odoakar
angriffen und schließlich verräterisch töteten (490/493), der Ialien, d.h. die
Überreste des weströmischen Reichs, beherrschte.
[2]
Ähnlich unhistorisch wie Dietrich erscheinen die Hunnen im Hintergrund, deren
große Zeit in der europäischen Geschichte von der Mitte des 4. bis zur Mitte
des 5. Jahrhunderts reichte.
[3]
Stammsitz Dietrichs in der deutschen Epik, die mittelhochdeutsche Form für
Verona.
[4]
Der sagenhafte Rosengarten König Laurins (® eigenes Gedicht in der
Dietrichsepik ‘Der Rosengarten’).