Althochdeutscher Namenbaukasten

Dr. Henrike Lähnemann
Wintersemester 2002/2003
Deutsches Seminar, Universität Tübingen

Althochdeutscher Namenbaukasten

Zur Bedeutungsgeschichte der Bestandteile althochdeutscher Personennamen

Etymologische Essays der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Proseminars 'Althochdeutsch'

Ausschnitt aus der Namenliste Waltfridus
Ebarhart
[N]otger
Cozpr[eht]
Perihger
Theotsind
Chumipreht comes
Waldpreht filius et
Himildrud
Liutharta
Der 'Althochdeutsche Namenbaukasten' erläutert die Bestandteile ausgewählter zweigliedriger germanischer Personennamen, wie sie in einer der reichsten namengeschichtlichen Quellen der frühen althochdeutschen Zeit, dem 'St. Galler Verbrüderungsbuch', bezeugt sind. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Proseminars 'Althochdeutsch' haben sich dafür aus der abgebildeten Seite Beispiele herausgesucht. Aufgabe war es, sowohl die Namenbedeutung aufzuzeigen wie auch das Bedeutungsspektrum der Einzelbestandteile in literarischen Texten zu verfolgen und so einen Überblick über germanische Wurzeln in der althochdeutschen Literatur zu gewinnen.
Zur Benutzung: Die Namen sind alphabetisch angeordnet und lassen sich entweder über Index aufsuchen. Die mehrfach zitierte Literatur ist gebündelt am Ende angegeben.

Ältestes St. Galler Verbrüderungsbuch: Namenlisten von mit St. Gallen in Gebetsgemeinschaft verbundnen Klerikern, angelegt kurz nach 800, Stiftsarchiv St. Gallen, Cod. Sangall. Class. I. Cist. C 3. B 55, S. 23. Abbildung aus: Eremus und Insula. St. Gallen und die Reichenau im Mittelalter, St. Gallen 2002, S. 21
Agnifred Ines Jans
Alarich Laura Schönfelder
Chumipreht Ulrich Barton
Côzpreht Stefan Kötz
Drutpreht Anne Auditor
Engilfred Henrike Wielk
Engilger Ulf Haagen
Folchmar Sabine Weiwadel
Hildegart Simone Hahn
Himildrut Sandra Reichert
Isangart Christoph Schanze
Liutharta Caroline Rabus
Ludwig Patrick Klügel
Perihger Diana Lemke
Sigifred Pia Scherhag
Theotsind Chiara Sarri
Wolfhart Janine Hammer
Verbrüderungsbuch St. Gallen


Ines Jans

Agnifred

Etymologische Bedeutung der Namenbestandteile

Agnifred ist ein zweigliedriger ahd. Rufname, der aus den Substantiven agni (Konkretum) und fridu (Abstraktum) mittels Fugenvokal i zusammengesetzt ist. (Im Gegensatz zu anderen zweigliedrigen ahd. Rufnamen bleibt bei Erstgliedern des. jo-Stammes mit kurzer Stammsilbe der Fugenvokal erhalten.).
1. Agni-
Agni gehört zu ahd. egga (Subst. st. f. jô-Stamm); bedeutet in vor-nhd. Zeit "Schneide einer Waffe, Spitze, Kante, Ecke, Winkel" und hat folgende Etymologie: nhd: Ecke, mhd: ecke, egge, ahd: ekka, egga, germ: *agjo, ig. Wurzel: *ak (scharf, spitz, kantig). In fast allen germ. Sprachen ist *agjo belegt, sowie auch die ig. Wurzel in anderen ig. Sprachen, z.B. lat. acies (Schärfe, Schneide); es ist anzunehmen, dass das Wort zum archaischen Wortschatz zählt. Agni- (wie auch agil-) ist eine Nebenform zu *agjo, bei der eine n-Metathese zu agin (konsonantische Umstellung des n) eingetreten ist; nach Wilmanns neigt besonders das Obd. dazu, Sonanten aus der Flexion oder Ableitung in die Stammsilbe aufzunehmen. Die Form Agni- wird dann volksetymologisch auch umgedeutet auf die hl. Agnes, der wiederum namensspielerisch als Kennzeichen das Lamm (lat. agnus) zugeordnet wird.
2. -fred
-fred (vgl. dazu auch Sigi-fred und Engil-fred) gehört zu ahd. fridu (Subst. st. m. i(u)-Dekl.) und bedeutet Friede/Zustand der Ruhe, der Schonung/Beilegung einer kriegerischen Auseinandersetzung. Das Wort ist etymologisch zurückzuführen auf mhd: vride/vrit, ahd: fridu, germ: *frižu und auf die indogermanische Wurzel dieses Verbalabstraktums, das aus *prai-/pri- (gern haben, schonen, friedlich-frohe Gesinnung) und dem tu-Suffix zusammengesetzt ist. Ursprünglich folgte fridu (wie auch andere kurzsilbige m. Subst.) der u-Dekl; diese ist jedoch bereits in ahd. Zeit in allen Kasus bis auf den Nom./Akk. Sg. vollständig durch die i-Dekl. verdrängt. In der Entwicklung zum Mhd. tritt die vokalische Deklination teilweise zur konsonantischen über, so dass Doppelformen entstehen: des Friedes-Friedens (Gen.), dem Friede-Frieden (Dat./Akk.), seit dem 18. Jh. auch im Nominativ: der Friede-Frieden. Das Nebeneinander der Formen -fred und -frid ist auf dialektal lautsprachliche Besonderheiten zurückzuführen (denn wie z.B. anhand von -fred Namen auf karolingischen Krönungsurkunden (750-840) hervorgeht, überwiegt im ostfränkischen Teil des karolingischen Reiches die Schreibung -frid und im Westen -fred).

Beispiele für die Namensbestandteile

Ahd. Belege für 'egga'
danan duruh den Fredthantes uuingarton mittan in die egga, sosa diu Rabanes buohha stuont - "dann durch den Weingarten des F. bis in die Ecke, wo die Rabanbuche stand" (Würzburger Marktbeschreibung, Z. 17).
Ab dem 13. Jhd. tritt neben die Ecke (f.) auch das österr. Neutrum "das Eck"; im Nhd. ist im Gegensatz zu anderen germ. Sprachen die Bedeutung Schneide, Waffe verloren gegangen. In der Entwicklung zum Ahd. bewirkt germ. j in agjo den Primärumlaut e und die Konsonantengemination (gg, kk): Eggihart (Würzburger Marktbeschreibung, AhdLB S. 7). Die Namen dieser Gruppe sind im Sinne von Schwertschärfe gebildet worden und in folgenden nhd. Rufnamen überliefert, z.B. Eckert, Egon, sowie auch in patronymen Familiennamen, z.B. Eckers, Einert (Ein- Formen, z.B. Einhart entstanden aus agin durch Schwund von g vor i).
Ahd. Belege für 'fridu'
- fridu frono in godes munt - im Frieden Gottes, unter Gottes Schutz (Lorscher Bienensegen, , V. 2) - endi in erdhu fridhu - und Friede den Menschen auf Erden (Weißenburger Katechismus, Z. 94) - fridusam (Adj.) - friedlich (Glossar Althochdeutsches Lesebuch S. 199)
- Autorenamen: Otfrids Evangelienbuch (AhdLB S. 92) / Walahfrids Körperteilglossen (AhdLB S. 3)
- In heutigen Rufnamen ist -fridu sowohl in erster Namenstellung (z.B. Friedrich), als auch in zweiter Stellung (z.B. Alfred) erhalten; des Weiteren ist der Name auch in Familiennamen zum Beispiel Friedemann enthalten.

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Laura Schönfelder

Alarich

Der Name Alarih bzw. Alarich ist wie die Mehrzahl der althochdeutschen Namen ein dithematischer Name. Er setzt sich aus den Bestandteilen al und rih zusammen.

1. al

'Al-' geht zurück auf das ahd./as. Adjektiv al (reine a-ô-Deklination) "all, ganz, jeder" beziehungsweise auf das ahd. Adverb al-, ala-, alo- "ganz und gar". Das Adverb diente vor allem als Vorderglied in Komposita zur Bedeutungsverstärkung, vgl. alawâri "ganz wahr" oder aluualtendi "allherrschend". Das Wort findet sich bereits im Germanischen *alla- und im Gotischen alls. Parallele Formen finden sich im Altnordischen (allr), Altenglischen (eall) und Altfranzösischen (al). Die weitere Herkunft ist jedoch unklar. Über das mhd. âl gelangte es in das Neuhochdeutsche (all). Das al auch weiterhin als Teilglied von Komposita aktiv war, zeigt âlsuz (mhd.), also (nhd.). Das Substantiv All entsteht im 17. Jahrhundert als Lehnbedeutung für Universum. Bach vermutet, daß der erste Bestandteil des Namens auch auf alah Tempel zurückgehen könnte (Die deutschen Personennamen, hg. von Adolf Bach I,1, Heidelberg 1952, S. 215, §194). Damit läge hier eine Verkürzung zu ala vor, ähnlich wie bei wala aus walah. Doch ist dies bei dem Namen Alarich eher unwahrscheinlich.
Textbeispiele für ahd. al
: - Cot almahtico ... (Wessobruner Schöpfungsgedicht, V.10) - allmächtiger Gott
- thaz sagen ich thir in alawar (Otfrid, Evangelienbuch, Ad Ludowicum, V. 44) - das sage ich dir wahrheitsgemäß
- Selbaz rîchi sinaz al rihtit scono, soso er scal (Ebd. V. 67) - Gut regiert er sein ganzes Reich, wie es sich gebührt
Als Namensbestandteil findet man al jedoch selten. Weitere Namen mit al sind Alamar (mâri - berühmt), Alawig (wîg - Kampf, Krieg), Alafrid (fridu - Schutz) oder Alamunt (munt - Beschützer). In heutigen Personen- und Rufname findet man al kaum noch. Die meisten mit Al- beginnenden Namen entstanden durch eine Verkürzung von adal edel (Alber, Albern, Albrecht, Aldag, Allram, etc.)

2. -rih

Der zweite Bestandteil des Namens stammt vom ahd. Substantiv rîhhi/ rîchi (Neutrum; (starke) a/ ô- Deklination, ja-Stamm) das Reich, die Herrschaft, das Reichsoberhaupt, der Herrscher (Es läßt sich nicht klar entscheiden, ob rih auf das Substantiv oder das Adjektiv rîhhi/ rîchi(ja/jô-Stamm, da die unflektierte Form auf -i endet) mächtig, reich, herrlich zurückgeht. Da dies aber von dem got. reikeis mächtig stammt, welches als Eigenschaftsadjektiv zu got. reiks Herrscher gebildet wurde, ergeben sich keine gravierenden etymologischen Unterschiede.). Das ahd. Wort geht auf das germ. *rîkja- Königreich zurück. Außerdem findet es sich im Gotischen reiki. Entlehnt wurde es aus dem Keltischen *rîgjo-, welches wiederum auf das indogermanische *rêgjo- zu *rêg- König, aufrichten, lenken, herrschen zurückgeht. Im Mittelhochdeutschen findet sich rîch(e) (stN) mit den gleichen Bedeutungen wie im Althochdeutschen; hinzu kommen die Bedeutungen Regierung, Kaiser, Zeichen der Herrschaft, Reichskleinodien, Reichswappen. Das nhd. Reich hat dazu eine Bedeutungs-verengung erfahren und bezeichnet heute nur noch Staat, Imperium (König~, Welt~) (Hinzugekommen ist allerdings die Bedeutung großes Gebiet (Tier~, Pflanzen~) als Analogiebildung zu Königreich.).
Textbeispiele für ahd. rîhhi/ rîchi
- dar scal er uora dem rihhe az rahhu stantan (Muspilli, V. 35) - da muß er vor dem Reichsherrn zur Sache stehen
- quaeme rîchi thîn (Weissenburger Katechismus, Pater noster) - dein Reich komme
- Bigont ez der rîhhi man ... (Lied vom hlg. Georg [Zarncke], V. 29) - es begann der mächtige Mann
(Anhand dieses Beispiels läßt sich erkennen, daß das ahd. Adj. rîhhi im Gegensatz zum Neuhochdeutschen ein breiteres Bedeutungsspektrum abdeckte: Wer reich war, war auch mächtig. Im heutigen Sprachgebrauch muß eine Differenzierung stattfinden.) Der Namensbestandteil rich war äußerst produktiv. Er konnte sowohl als erster Namensbestandteil (Richhart) wie auch als zweiter (Chloderich) verwendet werden. Als zweites Glied taucht er wegen seiner Bedeutung fast ausschließlich bei Männernamen auf (Vgl. dazu das Suffix -rich, das männliches Geschlecht anzeigt: Enterich, Gänserich, Mäuserich.), wie auch -bald, -hard oder -man. Im ersten Glied wird er auch für Femina gebraucht (Richhild, Richeldis, Rihgund). Ein möglicher Grund für die Häufigkeit der Namen mit rich wäre der, daß sie bereits im Keltischen oft zu finden sind (Ambiorix, Vercingetorix, Asterix?). Weitere Namen mit rich: Winirich (wini - Freund), Adalrich (adal - edles Geschlecht), Richhart (hart - stark, tapfer) oder Richhelm (zu helan - verbergen). Auch heute finden sich noch viele Personen- und Familiennamen mit dem Namensbestandteil rich. Hier seien nur einige wenige genannt: Reichhardt, Reichhelm, Reichhold, Rikmar, Richarz, Rickert, Heinrich, Friedrich.
Der Name Alarich findet sich bereits relativ früh. Berühmte Namensträger waren der westgotische Heerführer Alarich I., der 410 bei Cosenza starb und bis ins 19. Jahrhundert literarisch wirkmächtig blieb (vgl. 'Das Grab am Busento' von Platen) und der Westgotenkönig Alarich II. (485-507), auf den die Lex Romana Visigothorum (Breviarim Alaricianum) zurückgeht. Dennoch wurde der Name nie so populär wie andere Zusammensetzungen mit rich, wie beispielsweise die Leitnamen der Ottonen bzw. Salier und Staufer: Heinrich und Friedrich. Heute tritt der Name Alarich nur noch vereinzelt als Personenname auf. Allerdings findet man ihn auf einer Liste mit Zuchtnamen für Deutsche Schäferhundrüden.

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Ulrich Barton

Chumipreht

Der Name Chumipreht besteht aus zwei Teilen:

Mögliche Bedeutungen des Erstglieds chumi und ihre literarischen Verwendungen

Der erste Bestandteil lässt sich nicht eindeutig ableiten, da er als Namenselement sicher kaum mit chumig - "schwach, kraftlos" zu tun haben kann. Deshalb bieten sich vier verschiedene Möglichkeiten an:
a) von gomo - "Mann", der ein selbständiges maskulines Substantiv der n-Deklination ist, von idg. *ghšem-/gh[š]om- und germ. guma abstammt und heute noch in Bräutigam und human zu finden ist. Durch eine Plosivverschiebung wäre dann g zu ch geworden,i wäre Fugenvokal und o wegen dieses Fugenvokals zu u gehoben. Verwendungsbeispiel: gomaheit - Persönlichkeit; denna stet dar umpi engilo menigi, guotero gomono - dann steht darum eine Vielzahl von Engeln und guten Männern (Muspilli, V.87f.).
b) von gund - Krieg, die ein feminines Substantiv des jô-Stammes ist und nur in Zusammensetzungen und Namen auftritt. Sie stammt von germ. *-guntho/-gunthi ab. Verwendungsbsp.: gundfano - Kriegsfahne; gundhamo - Kampfgewand; nu dih es so wel lustit, gudea gimeinun - nun da es dich so sehr nach einem gemeinsamen Streit gelüstet (Hildebrandslied, V. 59f.).
c) von chunni - Geschlecht, das ein selbständiges neutrales Substantiv des ja-Stammes ist, vielleicht von idg. *gên - gebären, erzeugen und germ. cunja abstammt, in mhd. künne weiterlebt und mit nhd. Kind verwandt ist. Verwendungsbsp.: chunniling - Verwandter; dara scal queman chunno kilihaz - dorthin muss jede Sippe kommen (Muspilli, V.32); saliga mih quedent allu cunnu - selig mögen mich preisen alle Geschlechter (Tatian 4., Z. 62).
d) von kuoni - kühn, das ein selbständiges Adjektiv des ja-jô-Stammes ist, von germ. *cônja - jemand, der verstehen kann; erfahren, weise abstammt und in mhd. küene und nhd. kühn weiterlebt. Jedoch müsste der Name in diesem Falle wohl Chumpreht lauten, denn der Fugenvokal fehlt, wenn das Erstglied des Namens eine lange Stammsilbe hat. Verwendungsbsp.: kuonheit - Kühnheit.

Bedeutung und literarische Belege für das Zweitglied -precht

(Vgl. auch Côz-preht und Drut-preht; zu 'beraht' als erstem Namensbestandteil vgl. Perih-ger). Der zweite Bestandteil lässt sich von peraht - "glänzend" ableiten, das ein selbständiges Adjektiv des a-ô-Stammes ist, vielleicht von idg. *bhreg- - "brechen, krachen" und germ. *berhta abstammt, in mhd. berht und in engl. bright, vielleicht auch in nhd. "prächtig" weiterlebt. Verwendungsbsp.: berahti/perehti/perhti - Klarheit, Glanz; ebenso berahtnessi; giberahton - verherrlichen; mid iro handon scriban berehtlico an buok - mit ihren Händen klärlich niederschreiben in ein Buch (Heliand, V. 7f.).
Der Name Chumipreht lässt sich heute noch in Namen entdecken wie Kunibert, Gumprecht, Gumbert, Kumpert, Kummer(t), Kompert, Komprecht, ...

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Stefan Kötz

Côzpreht

Der ahd. Männername Côzpreht ist zweigliedrig, also durch Zusammensetzung zweier selbständiger Wörter, nämlich - in der ahd. "Normalform" - des zu gôz verkürzten schwachen (n-Deklination) maskulinen Substantivs *gozzo (abgeleitet von ahd. *gozzan (vgl. GOTTSCHALD, S. 215).) und des Adjektivs (a-Deklination) bėraht, entstanden. Diese Zweigliedrigkeit ist die älteste und verbreitetste Form der germ. Namensbildung und wird schon zu idg. Zeit vorgelegen haben.

Der erste Namensbestandteil goz

Der erste Namensbestandteil gôz gehört in den Bereich der nicht nur zur eingliedrigen, sondern oft auch zur zwei- und mehrgliedrigen Namensbildung herangezogenen Völkernamen und ist auf die got. Wurzel gaut- (gauta-) zurückzuführen, welche den germ. Stamm der Gauten (Gauti, heute: Goten) bezeichnet und an deren mythischen Stammvater Gaut/Gautr anknüpft. Im Rahmen der zweiten Lautverschiebung wurden die germ. Mediae (g) nicht verändert, doch entwickelten sich die germ. Tenues (t) entweder zu ahd. Affrikaten oder ahd. stimmlosen Frikativen (z), bei den Vokalen wurde aus germ. au durch Monophthongierung vor Dentalen (t) ein langes ahd. ô. Die germ. Wurzel gauta- war auch in all ihren späteren vokalischen (-au-, -ao-, -o-) und konsonantischen (g-, c-; -t, -d, -s, -z) Entwicklungen sowohl als erster als auch zweiter Namensbestandteil im Ahd. außerordentlich produktiv (vgl. die Auflistung bei FÖRSTEMANN, Sp. 610-621; zu den lautlichen Veränderungen ebd., Sp. 607-610), Beispiele mit der ahd. "Normalform" gôz sind Gozelin, Gozmar, Gozwin und Adalgoz, Gisalgoz, Megingoz. Ein Bedeutungsspektrum hat ein einen Völkernamen bezeichnendes Wort naturgemäß nicht und in keiner Sprachstufe aufzuweisen, und so wird das Wort Goten - allerdings in der erst wieder vom latinisierten Gotones abgeleiteten und daher mit Tenues (t) und nicht mit in der zweiten Lautverschiebung entstandenem Frikativ (z/s, ahd. *gozzan, eigentlich nhd. *Gossen) gebildeten Form - noch heute zur Bezeichnung dieses germ. Stammes gebraucht, und ebenso leitet sich das nhd. Adjektiv "gotisch" zwar inhaltlich nicht direkt, aber doch immerhin sprachlich eindeutig von den Goten her.

Der zweite Namensbestandteil bėraht

(Vgl. auch Chumi-preht und Drut-preht; zu bėraht als erstem Namensbestandteil vgl. Perih-ger).
Der zweite Namensbestandteil bėraht gehört zu dem umfangreichen Feld der sich auf den Heldenruhm beziehenden Rufnamen und geht auf die idg. Wurzeln *bherek / *bhereg (jeweils mit Schwa-e und frikativischem g) = "glänzend, weiß, hell" bzw. auf die idg. Urwurzel *bher = "glänzend, hellbraun" zurück. Hier wurden durch die erste (germ.) Lautverschiebung aus den idg. aspirierten Mediae (bh) germ. stimmhafte Frikative (b), die sich noch in germ. Zeit zu den unaspirierten Mediae (b) weiterentwickelten und durch die zweite (ahd.) Lautverschiebung entweder zu Tenues wurden (siehe unten) oder sich nicht weiter veränderten. Während die Liquidae (r) in der gesamten Sprachgeschichte keinerlei Veränderung erfuhren, verschoben sich die idg. Tenues (k) in der ersten Lautverschiebung zu germ. stimmlosen Frikativen (ch), die sie auch nach der zweiten Lautverschiebung mehrheitlich blieben und nur konkret aus germ. ch ahd. h wurde. Das Endungs-t als häufigstes Kennzeichen für das ahd. Adjektiv in der starken unflektiert-nominalen Form der reinen a/o-Stämme soll hier unberücksichtigt bleiben. Bei den Vokalen veränderte sich das kurze idg. e bis in die ahd. Zeit (ė) in vorliegendem Fall nicht, da es nicht zu i aufgrund einer eventuellen Stellung vor i, j, u oder Nasal + Konsonant verschoben werden konnte, wohingegen das idg. Schwa-e zu germ. kurzem a wurde und dieses aufgrund des Nichteintretens des Primärumlauts auch blieb.
In all seinen lautlichen und orthographischen Formen (berht, perht, bert, pert; beraht, peraht, [bereht, pereht], beret, peret; braht, praht, brat, prat) zählt dieser Stamm im Ahd. sowohl als erster als auch zweiter Namensbestandteil zu den häufigsten und "gestaltenreichste[n] des ganzen namenschatzes" (Zitat bei FÖRSTEMANN, Sp. 277; vgl. die Auflistung ebd., Sp. 278-281 (389 männliche und 63 weibliche Namensformen) und Sp. 281-298), Beispiele mit der häufigsten Form berht sind Adalberht, Gisalberht, Sigisberht und Berhtfrid, Berhtolf, Berhtram. Das ahd. Adjektiv bėraht trägt alleinstehend die Bedeutungen "hell (scheinend), erhellt, klar, strahlend, glänzend, hervorragend" (KARG-GASTERSTÄDT / FRINGS, Sp. 881. Hier finden sich auch zahlreiche Belegstellen, z.B. in den Ahd. Glossen, in Otfrids Evangelienbuch und den Murbacher Hymnen) und hat aufgrund seines idg. Alters zahlreiche Parallelen in anderen germ. (ags. beorth, brigt, daher engl. bright, got. bairhts) und außergerm. idg. Sprachen (tschech. bresk, poln. brzak, russ. bérest - teilweise mit übertragener Bedeutung). Verwandte ahd. Wörter sind u.a. die starken femininen Substantive bėrahti = "Helligkeit, Glanz, Herrlichkeit" und bėrahtnessi = "Glanz, Schein, Herrlichkeit, Ruhm, Ehre", die schwachen Verben bėrahten = "erglänzen" und gibėrahton = "offenbaren, verklären, verherrlichen", das Adjektiv gibėraht(i) = "hell, klar, verklärt, offenbar" und das Adverb bėrahto = "ausgezeichnet, köstlich".
Die spätere Entwicklung (siehe unten) führte zum mhd. Adjektiv berht, perht = "glänzend". Im Nhd. findet sich das Wort nur noch - da aber sehr häufig - in Eigennamen entweder als erstes (Bert-) oder zweites Glied (-bert, -brecht). Entgegen des ersten Eindrucks sind die nhd. Wörter Pracht, prächtig nicht auf ahd. bėraht zurückzuführen, sondern stammen von dem zwar ähnlich klingenden, aber nicht verwandten mhd. starken Substantiv braht, praht = "Lärm, Krach". Erst später verdrängte das dazugehörige Adjektiv brahtig das mhd. Adjektiv breht, nahm aber dessen Bedeutung - also die heutige von Pracht, prächtig - weitgehend an.

Die Entwicklung des zusammengesetzten Namens

Die weitere sprachliche Entwicklung von der hergeleiteten ahd. "Normalform" dieses Namens Gozbėraht zur überlieferten Form Cozpreht ist leicht nachzuvollziehen. Zunächst erfolgte hier in der zweiten Lautverschiebung die - besonders für Oberdeutschland, also auch St. Gallen mit seinem kurz nach 800 entstandenen Verbrüderungsbuch typische - Entwicklung der germ. Mediae (g und b) zu ahd. Tenues (k/c/ch und p), was aber auch mit einer Anlautverschärfung bei beiden Namensbestandteilen erklärt werden kann (KAUFMANN, S. 67-77 (Anlautverschärfung G- > K-), S. 37-51 (Anlautverschärfung B- > P-)). In der weiteren Ent-wicklung des Adjektivs bėraht zum Mhd. wandelte die hier zeitig einsetzende Nebensilbenabschwächung das a zum e, welches als innerkonsonantisches kurzes und unbetontes e schließlich ausfallen konnte (Synkope), so daß die mhd. Formen berht bzw. mit r-Metathese breht entstanden.
Die Zusammensetzung des Namens Cozpreht ist wohl eher determinativ als kopulativ aufzufassen und versieht in unmutiertem, d.h. nicht übertragenem, Verständnis den Namensträger mit den Attributen "glänzend, herrlich, hervorragend wie ein Gote" oder "glänzend, herrlich, hervorragend aufgrund seiner Eigenschaft als Gote". In mutiertem, d.h. übertragenem Verständnis bezeichnet dieser Name - wie wohl die meisten anderen germ. Namen auch - aufgrund seiner Verbindung zum Heldenruhm einfach einen herausragenden, vortrefflichen Kämpfer.
Cozpreht als Rufname ist heutzutage sehr ungewöhnlich (z.B. Gosbert), jedoch lebt er in einigen, mehr oder weniger weiterentwickelten und umgestalteten Familiennamen (z.B. Gosbert, Gusbert, Gosbeth, Gusbeth, Küspert, Kusber) fort. Allerdings gibt es noch heute eine Großzahl an Ruf- und Familiennamen mit je einem der zwei Namensbestandteile goz (z.B. Goswin, Götzfried, Kotzold) oder - besonders häufig - bėraht (z.B. Albrecht, Bertram, Bertold Brecht).

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Anne Auditor

Drutbreht

Etymologische Bedeutung der Namenbestandteile

1. Bestandteil: drut, auch trut (stM, a-Stamm) 'Vertrauter, Geliebter, Freund' oder Adj. 'vertraut, lieb'; im Ahd. ist das Adj. nur lückenhaft belegt, das Subst. aber voll lebendig, mhd. sind beide vorhanden, zum Nhd. setzt sich nur das Adj. traut durch. Als Grundform ist vorahd. *druda- anzusetzen (Grimm), Herkunft ist aber unklar.
2. Bestandteil: preht zu beraht (Adj.) 'hell, glänzend, strahlend', germ. Grundform *berhtaz, mhd. berht 'glänzend', nhd. nur noch als Namensbestandteil Bert-, -bert, -brecht. Starb im Kontinentalwestgermanischen wohl schon früh aus, im Ndl. und Fries. gab es nie eine Entsprechung, nur im As. gab es beraht 'glänzend' (vgl. ne. bright). Man könnte sich fragen, ob dieses zur Metathese neigende Wort nicht auch seinen Teil zur Entwicklung der nhd. Pracht (eigentlich aus ahd. braht 'Krach, Lärm') beigetragen hat.
Der Name Drudpreht ist im Nhd. nicht mehr erhalten.
Andere Zusammensetzungen mit drut: Trudhelm (-helm = Helm, Schutz), Trudhar (-har = alt, ehrwürdig), aber v.a. Frauennamen wie Gertrud (Ger- = Speer); vgl. auch Himil-drut.
Andere Zusammensetzungen mit preht: Berhtwulf, Sigiberht (Sieg); vgl. auch Chumi-preht und Côz-preht; zu 'beraht' als erstem Namensbestandteil vgl. Perih-ger

Literarische Belege für die Namenbestandteile

Mînemo trûte lêist íh trûiuua. unte mîn uuíne lêistet mír gnâda. : Meinem Schatz erweise ich Treue und mein Geliebter erweist mir Gnade (Williram 100,1) kaauctem im uunton in christes fleisge perahtemu: Die Wunden in Christi strahlendem Leibe, die ihnen gezeigt werden (Murbacher Hymnen 19,10,2) ... polónan ouh den stétigon, / then thu in bérehtera naht / so kúmo thar giséhan maht: auch den feststehenden Polarstern, den du in klarer Nacht dort schwach erkennen kannst. (Otfrid V 17, 31-32)

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Henrike Wielk

Engilfred

1. Bestandteil: Engil

Hennig Kaufmann sieht die Verbindung des Stammes Engil- zum germanischen Stamm Ang- oder auch Angil-, ebenso lässt Engil- sich auch auf den gemeingermanischen Stamm Ingal- und Ingil- zurückführen. Diese Formen kommen im deutschen und westfränkischen Sprachraum vor (Henning Kaufmann. Untersuchungen zu altdeutschen Rufnamen. München 1965. S. 89, 94f). Kaufmann betont, dass eine genau Zuordnung der "mit Eng- beginnenden Formen" nicht möglich ist. Bedeutungsgeschichtlich geht das Substantiv Engil-, bzw. Angil- und Ingil- auf den Stammesnamen der Angeln zurück, die England besiedelten. So hatte der Stamm zunächst nichts mit dem Gattungswort ahd. asächs aengil zu tun. Doch "nach der Christianisierung wurde der Name wahrscheinlich als Bildung mit dem Lehnwort (...) aufgefasst" (Duden. Lexikon der Vornamen. Bearb. v. Günther Drosdowski. Mannheim/Wien/Zürich 19742. S. 72). Das althochdeutsche Substantiv engil (Nominativ/Akkusativ, Singular, Maskulinum) geht auf das lateinisch Wort angelus sowie auf das griechische ángelos zurück (vgl. dazu auch Engil-ger). Allerdings ist umstritten, "ob ahd. engil mit der Lehre des Arianismus aus dem Gotischen übernommen ist oder, was als wahrscheinlicher gilt, auf lat. angelus beruht" (Wolfgang Pfeifer. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (A-G). Berlin 1989. S. 359). Das im Althochdeutschen gängige Wort findet sich z. B. im Freisinger Paternoster ...enti so erlicho soso de engila in demu himile dinan uuillun arfullant,...

2. Bestandteil: fret

(vgl. dazu auch Agni-fred und Sigi-fred)) Die zweite Silbe des Namens leitet sich aus dem althochdeutschen Substantiv fridu (st M, u-Dekl) ab. Es bedeutet Friede, Schutz und Sicherheit. Dieses Wort steht in enger Verbindung zum angelsächsischen frîdh und zum altnordischen frîdhr, die schön, sanftmütig und friedlich bedeuten. Zusammengesetzt bedeutete der Name Engilfret zunächst in etwa ‚der vor den Angeln Beschützte' oder ‚der vor den Angeln Beschützende'. Später änderte sich dies wohl in ‚der durch Engel Beschützte'. Beide Teile des Namens sind ins Neuhochdeutsche übergegangen. Aus engil wurde Engel und aus fridu wurde Friede. Sogar der Name Engilfret an sich ist, wenn auch selten, noch vorhanden: Engelfried.

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Ulf Haagen

Engilger

1. Bestandteil: Engil

(zur ursprünglichen Bedeutung des Bestandteils vgl. Engil-fret). Zum ahd. Nomen 'engil-' = nhd. Engel gibt es die Varianten angil, eingil, ingil, ehngil, enghil, engel (Sg. Nom. engil, Gen. engiles, Dat. engile, Akk. engil, Plur. Nom. engila, Gen. engilo, Dat. engilum, Akk. engila; stM, a-Dekl). Engil als Fremdwort nach dem in der Kirchensprache weit verbreiteten lat. Wort Angelus erscheint in der biblischen Überlieferung und Auslegung.
Beispiele: 'Weingartner Reisesegen', v. 19f.:
Ic dir nach sihe Ic dir nach sendi
mit min funf fingirin funui undi funfzic engili
(aus: Karl A. Wipf: Althochdeutsche poetische Texte. Stuttgart 1992. S. 96.)
Tatian, III (Luc. 1, 26 - 56) : In themo sehsten manude gisentit uuard engil Gabriel (aus: Wilhelm Braune und Ernst A. Ebbinghaus: Althochdeutsches Lesebuch. Tübingen 1994. S. 48.)
Weitere Namensbildungen: Engilbald (-bald = kühn), Engilher (-her = Heer), Engilhart (-harti = stark, fest), Engelgard (-gard = Schützerin)

2. Bestandteil: ger

(vgl. dazu auch Perih-ger) st (a-Dekl.)/sw M. Aus germ. *gaiza, bzw. idg. *ghaisó. Belegt: ahd.: gêr, kêr; mhd.: gêr. Es findet im Neuhochdeutschen keine Verwendung mehr. Das Bedeutungsspektrum von gêr hat Speer (aus germ. *sparran = (V) stützen, stemmen; (Subst.) Sparren, Stange, Speer) übernommen. Nhd.: (Jagd- / Wurf-) Speer, Spieß, Pfeil, Keil; aber auch: besonderes Zeugstück, das an einem Gewand zur Verzierung eingesetzt ist.
Beispiele:
- Hildebrantslied, v. 36f.:
Hadubrant gimahalta [...] 'mit geru scal man geba infahan' (aus: Wilhelm Braune und Ernst A. Ebbinghaus: Althochdeutsches Lesebuch. Tübingen 1994. S. 84.)
- Nibelungenlied, V. 991,1-992,2
Den gêr im gein dem herzen stecken er do lie. [...] Der herre tobelîchen von dem brunnen spranc. im ragete von dem herzen ein gêrstange lanc. (aus: Das Nibelungenlied nach der Handschrift C. Hrsg. v. U. Henning. Tübingen 1977.)
-ger (M) erscheint als Zweitglied nur bei Komposita von Männernamen. Erst-, bzw. Zweitglied erhalten in: Familienamen: Engelhardt (-harti = stark, fest) Vornamen: Ansgar (Ans- = Gott, +gar =Speer), Gerhart, Gernot (-nôt = Bedrängnis), Rüdiger (hrôt- = Ruhm), Gertrud (-trut = lieb), Gerald (-waltan = herrschen), Engelbert (-beraht = glänzend); Wolfger, Dietger (diot- = Volk), Gerhart (Gerart), Gerlint (-lind(e) = sanft, mild)

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Sabine Weiwadel

Folchmar

Etymologische Bedeutung der Namenbestandteile

Erstglied: folh- zu: folk/folch/folc starkes Substantiv der ô-Deklination im Neutrum, Bedeutung: Volk, Volksmenge, Kriegsvolk, Dienstvolk. Herleitung: vermutlich aus der indogermanischen Verbalwurzel *pel[?] = gießen, schütten, füllen (vgl. nhd. "Pulk"), dann ahd. folc/folch (s.o.), mhd. volc, nhd. Volk (vgl. auch: engl. Folk, niederl. volk). Das nhd. Wort "Volk" ist seit dem 19. Jh. hauptsächlich mit der Bedeutung "durch Kultur, Sprache und Geschichte verbundene (und zu einem Staat vereinte) Menschen" belegt.
Zweitglied: -mar zu mari, Adjektiv, Bedeutung: berühmt, bekannt, oder zu mari, schwaches Subst. im Neutrum, Bedeutung: Nachricht, Erzählung, Bericht oder zu maren, schwaches jan-Verb, Bedeutung: rühmen, verkünden
Herleitung: aus der indogermanischen Wurzel me-, mo- = groß, ansehnlich, verwandt mit griechisch -moros = groß, bedeutend und altirisch mar = groß. Diese Wurzel wird aufgenommen im ahd. Adjektiv und Substantiv mari und im ahd. Verb maren (s.o.) und entwickelt sich im Mhd. zum Verb maeren= verkünden, rühmen. Im Nhd. ist das Wort nur noch in "Märchen" und "Mär" zu finden, das Verb und das Adjektiv sind untergegangen. Vereinzelt ist es nur noch in Personennamen wie zum Beispiel Dietmar, Reinmar oder eben Volkmar zu finden.

Literarische Belege für die Namenbestandteile

- fireo in folche- unter den Männern des Volkes (Hildebrandslied, Vers 10)
- in thes christianes folches - im Volk der Christen, Straßburger Eide Zeile 16.
- daz dinc was marista - die Gerichtsverhandlung (=Thing) war am erhabensten, Georgslied Vers 4, Superlativ des Adjektivs mari. engdi sagde im that he iro herro was mari endi mahtig - und sagte ihm, dass er ihr Herr war, herrlich und erhaben, Heliand Vers 2926/27.
Andere Vornamen mit folk-(=(Kriegs-)Volk): Folkher (her=Herr, erhaben), Folkhilde (hiltia=Kampf), Folkhart (hart= hart, fest) Andere Vornamen mit -mar (=berühmt, groß): Adalmar (adal=edel), Dietmar (diot=Volk)

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Simone Hahn

Hildegart

1. Bestandteil: hilti- zu hiltia (stF, jô-Stamm) 'Kampf'

Der Ursprung von hiltia im germ. bzw. indoeurop. ist unklar. Möglich ist eine Verwandtschaft mit ahd. helid, mhd. helt, asächs. heliD, aengl. hęlež 'Mann', die wohl auf das altgerm. *haliž *haluž '(freier) Mann, Krieger, Held' zurückgehen. Möglicherweise gehen diese Formen auf indoeurop. *kel 'treiben, zu schneller Bewegung antreiben' zurück. Schon im Mhd. ist der Gebrauch dieses Bestandteils fast ausschließlich auf die Verwendung in zusammengesetzten Rufnamen eingeschränkt, z.B. Hildegunt, Hildebrant, Brünhilt, Kriemhilt. (Lexer zählt ansonsten nur noch hilte-diu 'leibeigene Magd', hilte-grîn 'Kampfhelm' und hilt-matte - Name einer Wiese auf.)
Beispielsatz: do sie to dero hiltiu ritum 'als sie in den Kampf ritten' (Hildebrantslied, Vers 6)

2. Bestandteil: gard, gart 'Zaun, Schützerin' zu gart (stM) 'Garten, Umhegung, Kreis'

(vgl. dazu auch Isan-gart)Im Ahd. bestehen das stark deklinierte Maskulinum ahd. gart 'Garten, Umhegung, Kreis' und das davon abgeleitete schwach deklinierte Maskulinum garto 'Garten, Paradies' nebeneinander. Verwandt hiermit sind z.B. asächs. gard, aengl. geard 'Umfriedung' (neuengl. yard), anord. garžr 'Zaun, Hof, Garten'. Diese Formen beruhen entweder auf indoeurop. *ghorto-s oder auf indoeurop. *ghordho-s 'Flechtwerk, Zaun, Hürde; Umzäunung, Eingehegtes', die als to-Bildung bzw. als dh-Erweiterung zu der indoeurop. Wurzel *gher- 'umzäunen, einhegen, [um-, ein-]fassen' gehören. Es bestehen im ahd. außerdem zu unterscheidende gleich lautende Formen gart (stM) 'Stachel, Spitze' und gart (stM) 'Reigen, Chor, Schar'. Im mhd. bestehen sowohl gart 'Stachel, Spitze' als auch das zu garte abgeschwächte garto 'Garten' weiter. Kompositionen im ahd. sind z.B.: boum-gart 'Obstgarten', mitti-gart 'Welt', wîn-gart 'Weinberg', wunni-gart 'Paradies' bluom-garto 'Blumengarten, tior-garto 'freie Wildbahn', zier-, zart-garto 'Paradies' gart-got 'Gartengott', gart-gras 'Gemüse', gart-âri 'Gärtner', gart-lîh 'im Garten wachsend'
Ein Beispiel für die Verwendung eines Kompositum (mitil-gart = Erdkreis, Lebensraum der Menschen) findet sich im 'Muspilli', v. 54: Mano uallit, prinnit mittilgart: Der Mond fällt, es brennt der Erdkreis.

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Sandra Reichert

Himildrut

Der weibliche Vorname Himildrud aus dem St. Galler Verbrüderungsbuch, ist aus zwei ursprünglich selbstständigen, voneinander unabhängigen Worten zusammengesetzt: himil und drud.

Etymologische Bedeutung der Namenbestandteile

- Himil (st M) hat sich in keinem Rufnamen bis zum Nhd. erhalten hat. Als eigenständiges Wort allerdings wird es häufig verwendet (Himmel).
-drud (stF) erscheint bereits im 6. Jahrhundert häufig als zweiter Teil weiblicher Vornamen. Meist allerdings ist dem Stamm der Anlaut th- oder t- vorangestellt. so sind oft Ab-wandlungen in -trut, -trud, -traut etc. zu finden. Die Forschungsliteratur ist sich nicht gänzlich einig in bezug auf die Bedeutung von -drud: Eine Meinung versteht -drud als Adjektiv mit der nhd. Entwicklung traut, lieb (vertraut, geliebt), die andere Meinung ist die, dass -drud ein Substantiv mit der ursprünglichen Bedeutung Kraft, Stärke sei. Für letztere Annahme spricht auch das altenglische thydho (neuenglisch: power). In Anbetracht der nhd. Bedeutung (s. u.) liegt jedoch die Annahme eines adjektivischen Zweitgliedes näher.
Himildrud heißt also genaugenommen vom Himmel geliebt bzw. dem Himmel vertraut oder aber Himmelskraft. Beide Bedeutungen haben gleichermaßen einen engen Bezug zum Glauben. Wobei man nicht - wie in diesem speziellen Fall aus St. Gallen - stets von vornherein vom Christentum ausgehen darf, zumal Zusammensetzungen mit -drud bereits in germanischer Zeit im heutigen deutschen Raum vermerkt wurden. Über die im Verbrüderungsbuch genannte Himildrud kann allerdings näheres ausgesagt werden: Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei ihr um eine Person der sozialen Oberschicht. Beweis dafür ist, dass in den St. Galler Urkunden für Frauen niederer Schichten meist Kurzformen genannt werden. -trud ist bis heute erhalten in Namen wie Waltraud oder Gertrud. Das liegt vor allem daran, dass dieses Einzelglied eines der häufigsten bei germ. Rufnamen war. Dass sich diese Häufigkeit nicht auch auf Familiennamen (Drüner oder Druden) überträgt, hängt mit der gerin-gen rechtlichen und sozialen Stellung der Frau in der mittelalterlichen Gesellschaft zusammen.

Literarische Belege für die Namenbestandteile

Beispiele aus dem Glossar des Althochdeutschen Lesebuchs für das Bedeutungsspektrum der Namensbestandteile: himilisc, himilrihhi, drutlicho, drutliut, drutin.
Beispielsätze für himil:
- im 'Heliand', V. 41: himil endi erda endi al that sea...;
- im 'Tatian'das 'Vaterunser' (Mt 6,9): Fater unser [...] in himile, [...] si thin uuillo, so her in himile ist oder im 'Symbolum apostolicum' des 'Weissenburger Katechismus', V. 40: Gilaubiu in [...] scepphion himiles enti erda.

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Christoph Schanze

Isangart

Etymologische Bedeutung der Namenbestandteile

Der althochdeutsche Name Isangart, im Neuhochdeutschen noch in der Form Isgart als weiblicher Vorname bekannt (Drosdowski, S. 119), setzt sich aus den Bestandteilen isan und gart zusammen.
1. Das althochdeutsche isan (auch isarn), mittelhochdeutsch isen oder isern, germanisch *isarna- (belegt durch gotisch eisarn), entspricht dem neuhochdeutschen Eisen (englisch iron, schwedisch järn) und entstammt einem keltischen Wort, das durch altirisch iarn oder iarann belegt ist. Es hat also keltische und germanische Wurzeln und ist laut Kluge "sicher aus einer dritten Sprache entlehnt; alles weitere ist jedoch unklar" (S. 172).
2. gart hat im Althochdeutschen zwei verschiedene Bedeutungen (vgl. dazu auch Hilde-gart): Zum einen kann es Gehege, Bezirk oder Kreis bedeuten. Abgeleitet von dem starken gart besteht auch die schwache Version garto (=Garten [NB: Bedeutungsverengung!] ). Beide Formen entstammen wohl der indogermanischen Wurzel *ghordo-s (oder *ghorto-s, belegt durch das griechische chortos = Weide, Gehege, Hof) in der Bedeutung von Flechtwerk, Zaun oder Eingehegtes, von der auch germanisch *gardon, gotisch garda (=Viehürde), altenglisch yeard (daraus englisch yard und garden [NB: Interessant ist hier der Wechsel zwischen Frikativ und Plosiv: der behauchte Plosiv gh in der indogermanischen Wurzel entwickelte sich im Germanischen zum Frikativ -g-, der dann im Deutschen zum stimmhaften Plosiv g wurde. Im Englischen blieb diese Entwicklung aus, so erklärt sich der Frikativ y im englischen yard.] ) und mittelhochdeutsch garte abstammen. Verwandt ist auch das russische gorod (=eingehegter Platz => Stadt, zum Beispiel Nowgorod).
Das Althochdeutsch gart kann aber auch Gerte oder Stab bzw. Stock (wingart = Weinstock im Gegensatz zu wingarto/wingart = Weinberg, siehe Grimm S. 1382), ursprünglich in der Bedeutung von Stachel, bedeuten. Gart entwickelte sich über die Ableitung gerta zu mittelhochdeutsch gerte, das auch im Neuhochdeutschen noch als Gerte (= Rute) vorkommt. Es entstammt der gleichen Wortfamilie wie das germanische *gazda- (Stecken, Stab), das westgermanische *gazdjo, das gotische gazds und das altenglische gerd. [NB: Wechsel zwischen z in *gazda und r in gart: Rhotazismus] Zur selben Familie gehört laut Kluge das mittelirische gat (= Weidenrute). Die "weitere Herkunft [von gart ist] unklar" (Kluge, S. 261).
Die zwei Bedeutungen von gart zeigen sich auch in den Komposita mittilagart (Erdkreis = Erde) und dem schon behandelten wingart (Weinstock/Weingarten).

Literarische Belege für die Namenbestandteile

Der althochdeutsche Name Isangart setzt sich also aus den beiden Substantiven isan (Neutrum, a-Deklination/stark) und gart (Maskulinum, a-Deklination/stark) zusammen und bedeutet vermutlich Eisenstange, Eisenstab oder auch Eisenstachel. Der Bedeutungsbereich Eisengarten oder Eisenkreis ist weniger wahrscheinlich. In der mittelhochdeutschen Heldenepik ist der Name Isangart nicht mehr belegt, der eng verwandte Name Isenhart kommt aber noch vor.
Der Name Isengart taucht auch in J.R.R. Tolkiens Fantasyroman "Der Herr der Ringe" auf: er bezeichnet dort aber einen Ort, das Herrschaftsgebiet des Zauberers Saruman. In diesem Zusammenhang ist die zweite Bedeutung von Isangart, Eisengarten oder Eisengebiet, wahrscheinlicher.

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Caroline Rabus

Liutharta

Liutharta ist ein zweigliedriger Rufname bestehend aus liut und harta. Stämme wie -hart, -her, -bold, -polt o.ä. wie z.B. in Luithart, Luitbold, Luitpold, Luitbold sind an zweiter Stelle überaus geläufig; (vgl. dazu auch Wolf-hart).

1. Bestanteil: liut

Das ahd. Wort liut knüpft an das urdeutsche Thema leudi an. Liut gehört zu den ältesten deutschen Namenwörtern: schon im 6. Jahrhundert wird auf den häufigen Gebrauch dieser Formen aufmerksam gemacht. Sowohl das mhd. liute als auch das ahd. liuti (im Ahd. gab es einen Singular: liut) gehören zu dem gemeingermanischen Wort für Volk. Dieses gemeingermanische Wort geht mit der baltoslawischen Sippe (von russ. ljud) auf *leudho- Volk zurück. Es stammt von der indogermanischen Wurzel *leudh- wachsen ab. Eigentlich also wohl mit der Bedeutung freie Männer. Der pluralistische Sinn des Wortes ließ auch formell den Plural eintreten zu dem nun kein Singular existiert. Die singularische Form existiert heute noch in Wörtern wie z.B. leutselig. Weiterhin wird z.B. der sidero liut als Nachkommen übersetzt. Nahe Berührungen und zuweilen unlösliche Mischungen geht leudi ein mit: leuba, hloda, leuz.
Beispiele aus dem althochdeutschen Lesebuch (Braune/Ebbinghaus):
- Dat sagetun mi unsere liuti alte anti frote (XXVIII. Hildebrandslied).
- Ne bistu liuten kelop mer than Iacob (XXXIV: Christus und die Samariterin).
- gesazta gemerchi liudo nah zala kindo (XVII. Psalmenübersetzungen.Cantica.).

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Patrick Klügel

Ludwig

1. Etymologie

1. Bestandteil: Lud-:
wg. hluda [Adjektiv, vor dem 8.Jh. dokumentiert] as. hlud ahd. (h)lut, chlud mhd. lût nhd. laut Das westgerm. Wort scheint aus dem to-Partizip der ig. Wurzel "kleu " (hören), entstanden. Aus einer anderen Wurzelform hat sich die Bedeutung "berühmt" (verwandt mit gr. klytos, lat. inclutus) entwickelt. Die germ. Wurzel erscheint bald auch als romanisiertes "Clodo-" (siehe c)). Die ahd. Bedeutung umfasst: laut, vernehmlich; lautschallend, dröhnend; bekannt. Das ahd. hlût ist also im Nhd. mit laut fortgesetzt, hat allerdings einen Bedeutungswandel bzw. eine Bedeutungseinschränkung erfahren.
2. Bestandteil: -wig:
Die Abstammung des 2. Namenbestandteils ist weniger eindeutig zu klären. Das ahd. wîg als Bestandteil des ahd. Namens, wird in der Literatur (vgl. Gottschald) aus zwei verschiedenen Wurzeln abgeleitet: a) als Partizipialbildung aus dem starken Verb weihan (kämpfen) gt. weihan, ahd. wehan, mhd. wîgen oder als denominale Ableitung germ. weiga [Nomen, Mask./Neutrum], as. wig, ahd. wîg, wîc
b) aus dem germ. Adjektiv weiha (heilig, geweiht; bezeichnet Personen, die etwas Heiliges trägen und religiös verehrt werden; auch Tempel), g. weiha, afr. wi(g)a , gt. weihs, ahd. wih, mhd. wich Als Wortbestandteil lebt es im Nhd.weiter in "Weihnachten" (ze wîhen nahten) und im Verb "weihen". Die Ableitung in a) führt zu keinem verwandten nhd. Wort außer vielleicht zum archaisch verwendeten "Weigand" (Kämpfer). Die ahd. Bedeutung umfasst: Kampf, Streit, Krieg.

2. Zusammensetzung

Je nach der Zeit seiner Dokumentierung sind die ersten Formen des späteren nhd. Ludwig mit oder ohne Füllung der Kompositfuge zusammengesetzt. Dass der Fugenvokal jedoch nicht immer ein sicherer Hinweis auf die Entstehungszeit sein muss, hat Kaufmann festgestellt. Das Adjektiv und das Nomen zusammen ergeben den Namen, der in etwa folgendes bedeutet: "der im oder durch Kampf Berühmte". Bahlow interpretiert die Zusammensetzung etwas frei als, "der Ruhm und Kampf liebt". Viel wahrscheinlicher erscheint mir die kausale Verknüpfung, vor allem wenn man berücksichtigt, dass dieser Name bei Adligen und Königen sehr beliebt war (vgl. dt. Kaiser "Ludwig der Fromme", 8./9. Jh). Die Namensbildung ist auf jeden Fall in die germ. Zeit einzuordnen. Sehr früh bezeugt ist die romanisierte Form des fränk. Herrschers Chlodwig (ab 482 n. Ch.) als Chlodowech.

3. Ausbreitung und Entwicklung

Der Name breitet sich im frühen Mittelalter vom Frankenland in ganz Deutschland und auch anderen Ländern aus, so dass er heute in folgenden Formen auftaucht: frz. Louis, engl. Lewis, ital. Ludovico/Luigi, span./port. Luis, ungar. lajos, ndl. Lowik/Lodewick/Lood, schwed. Ludvig. Folgende Ruf- und Familiennamen entstehen: Klodwig, Kluwig, Ludowieg, Lutwig, Luwich, Lodowicks, Lobigs, Lobes, Lad(e)wig, Lattwig, Ledwig.

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Diana Lemke

Perihger

I) Namensbestandteile: Perih- und -ger

1. Bestandteil: perih- zu beraht
(st. Adj.,a-ô-Stämme): hell, strahlend, glänzend, auch herrlich; zu 'beraht' als zweitem Namensbestandteil vgl. Chumipreht, Côzpreht und Drutbreht
- Beispiele: sum man uuas otag inti garauuita sih mit gotauuebbe inti mit lininimo inti goumota gitago berahto (Tatian 107,1) - mancher Mann war reich und schmückte sich mit Purpurstoff und mit Leinen und speiste täglich herrlich
Quam thara gotes engil inti gistuont nâh in inti gotes berahtnessi beschein sie (Tatian 6,1) - In diesem Augenblick erschien Gottes Engel und blieb nahe bei ihnen stehen und Gottes Glanz umgab sie.
- Heutige Formen:
1. -bert, durch Ausstoßung des Wurzelvokals auch zu -brecht: beraht/-berht/-bereht/-bre(h)t; ahd. erscheint es noch als selbständiges Wort in der Form beraht, daneben aber steht z. B. der Eigenname Werinbraht (Otfried), möglich ist, dass in *Wérinbèraht zunächst eine Verschiebung des Nebenakzentes eingetreten ist (Wérinberàht), wodurch dann die Ausstoßung des Wurzelvokales veranlasst ist.
2. Andere Zusammensetzungen: Athal-braht, Cuni-bert, Hidi-bercht, Berchta, Perht-frid, Berht-hari, Bercht-helm Von beraht zu perih- durch: 1. Medienverschiebung: b zu p, 2. dreifache Konsonanz bewirkt Schwund des -t-, 3. azu i: Bildung eines Sprossvokals (findet sich im Oberdeutschen in den Verbindungen eines r mit gutturalen oder labialen Konsonanten, hier -ch-)
2. Bestandteil: -ger zu gêr
(st.N.m.a-Dekl.): Speer; im Ahdt. belegter übertragener Gebrauch für spitzzulaufende Dinge (namentlich Landspitze, keilförmiges Stoffstück), im Nhdt. fachsprachlich: Gehrung für ‚Zuschnitt zweier Teile, der deren Verbindung unter einem bestimmten Winkel ermöglicht'.
Beispiel: mit geru scal man geba infahan (Hildebrandslied, v.37) - mit dem Speer soll man Gaben entgegennehmen
Heutige Formen: Rüdi-ger, Ger-trud
Andere Zusammensetzungen: Geri-bald, Gair-frid, Kaer-leip. Gheir-wig, Ghero-win, Gir-ulf

II) Alter der Bildung

Vor dem 6. Jhdt. kommt der Stamm -ber(a)(h)t in Namen kaum vor; germ. gaiza- (? gaira-), seit dem 8. Jhdt. ausschließlich gêr, Zusammensetzung wohl erst in althochdeutscher Zeit.

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Pia Scherhag

Sigifred

Etymologie der Namenbestandteile

Der Name ‚Sigifrid' ist aus zwei Teilen zusammengesetzt: 1. Sigi-: aus dem Indogermanischen von *séghos zu germanisch sihu/sigi, wobei hier der alte s-Stamm in die i- bzw. u-Flexion übergeht. Die althochdeutschen Formen sind je nach Dialekt sigu (Isidor), sigo (Notker) und sigi (Otfrid). Diese Formen wandeln sich im Mittelhochdeutschen zu sige, wobei hier unklar bleibt, ob stark oder flach flektiert wurde. Die in Komposita übliche Form war der Genitiv der starken i-Deklinationen (maskulin) sigi.
2. -frid (vgl. dazu auch Agni-fred und Engil-fred): aus dem Althochdeutschen von fridu, das in dieser Zeitstufe noch nach dem Schema der starken u-Deklination (maskulin) dekliniert wurde. Im Mittelhochdeutschen wird fridu zu vride. Die Flexion erfolgt ab hier über die starke i-Deklination (maskulin) und bleibt im Neuhochdeutschen Wort ‚Friede' erhalten.

Bedeutung der Namenbestandteile

Die beiden Bestandteile sind Substantive, die auch einzeln eine Bedeutung haben und ebenso getrennt oder in anderen Kombinationen vorkommen. Beispiele hierfür sind sigi-los (sieglos, besiegt), sigi-haft (siegreich), sigi-kampf (siegreicher Kampf) und fridu-sam (friedlich), frit-hof (eingefriedigter Raum), fridu (Friede). Für letzteres ist ein Beispielsatz im Lorscher Bienensegen (Althochdeutsches Lesebuch, S. 89, Z. 2) zu finden: nu fluic du, uihu minaz, hera fridu frono in godes munt heim zi comonne gisunt Die Bestandteile sind ohne Bindevokal in den oben angegebenen Kasus zusammengesetzt. Die Bedeutung von Sieg und Frieden hat sich bis zum Neuhochdeutschen nicht verändert.
In der Zusammensetzung war die Bedeutung der Wörter allerdings komplexer. Sigifrid bezeichnete den Hüter des Friedens innerhalb seines Stammes, der außerhalb dessen aber als Krieger agiert. Dieser althochdeutsche Männername wurde fast unverändert im Mittelalter übernommen (Siegfrid der Drachentöter in der Nibelungensage, Pfalzgraf Siegfrid in der Genovevasage). Durch die musikalische Ausgestaltung dieser Sagen (Wagners Lied der Nibelungen) gewann der Name wieder an Beliebtheit, so daß er in der heutigen Zeit noch zu finden ist. In abgeänderter Form kann man Sigifrid auch noch in Familiennamen finden, beispielweise Siever(d)ing [Kontraktion von Sigifrid zu Sivrid durch lautliche Verschleifung].

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Chiara Sarri

Theotsind

Etymologische Bedeutung der Namenbestandteile

1. Bestandteil: Theot-
zu ahd thiot, deot, diot, thiet (st M/N) und thiota, dheota, deota, diota (st F ô/n-Dek.)=VOLK.
2. Bestandteil: -sind
zu ahd sind, sinth (st M a Dek.)=WEG, RICHTUNG. Das Geschlecht richtet sich bei Zusammensetzungen nach dem Zweitglied, so ist Theotsind maskulin. Das ist eine Zusammensetzung: Substantiv + Substantiv.

Literarische Belege für die Namenbestandteile

Beispiele aus dem althochdeutschen Lesebuch und andere Zusammensetzungen mit THEOT
Dietrich: (rîch = mächtig, reich)>nhd Dietrich, vgl. das 'Hildebrandslied', v. 13 chud ist mir al irmindeot = ich kenne das ganze Volk. und Zeile 26 degano dechisto miti Deotrichhe = der treueste Kämpfer Dietrichs.
- Familiennamen: ahd. Theudobald >nhd Tiedebohl,Typold, Dippel. Ahd. Deotprant(diot+brant) >nhd Dibbern,Dubbern. - Namen: Dietlinde (diot=Volk+ lind=Sanft);Theobald, Dietbald(diet+bald) - Diotweg = via publica. - diet- in Adjektiven: dietewig, dietmachtig. Beispiele aus dem althochdeutschen Lesebuch und andere Zusammensetzungen mit SIND: - Merseburger Zaubersprüche: thu biguol en sinthgunt, sunna era suister =da besprach ihn Sinthgunt, und Sunna ihr Schwester. Sinthgunt(gunt=kampf). - aus den Kasseler Glossen fona uueliheru lantskeffi sindôs? =aus welcher Gegend kommst du? Sindôn(sw Verb ôn-Klasse)=reisen. - In adverb. Redensarten: bi themo sinde. In demo sinde=da, sario thes sinthes=sofort Namen:Sindolf(sind+wolf), Sindbert, Sintram(sind+ hraban).

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Janine Hammer

Wolfhart

Etymologische Bedeutung der Namenbestandteile

1.Bestandteil : Wolf- (stM / a/o- Deklination) Tierbezeichnung gemeingermanisch / indogermanisch : wulfs ahd. (ca. 8. Jh.) / mhd. : wolf (als Namensbestandteil: Der Mann als "Tier")
2. Bestandteil : -hart (Adjektiv / Maskulin) gleichbedeutend mit ahd. herti nhd. hart, streng, fest, stark (als Namensbestandteil: Der Mann als "Krieger")

Bedeutungsspektrum und Beispiele für 'Wolf' aus ahd. Texten

(Systematik nach dem Grimmschen Wörterbuch, sub voce)
- Der Wolf als Bedrohung, Feind, falscher Prophet, treuloser Hirte, Irrlehrer: Heliand, v. 1873f: Nu ic iu sendean scal // after thesumu landskepie / sô lamb under uuolbos ("Da ich euch jetzt in diese Gegend wie Lämmer zu Wölfen schicken werde…")
Tatian 133,11: ther wolf slizzit inti wipfit scaf ("der Wolf reisst und wirft das Schaf nieder")
- Der Wolf im Schafspelz: Otfrid II,23,9f: Sie sínt iu in ánaratin / in scáfinen giwátin, // thar buent ínne in wáre / wólva filu suáre (Sie liegen gegen euch in Schafsgewändern auf der Lauer, aber darin wohnen in Wahrheit sehr grausame Wölfe")
Namen noch enthalten in a) Familiennamen wie Wolff, Wölfle, Wölfe b) Ortsnamen wie Wolfrathshausen, Wülfrath c) Vornamen wie Wolf- + -bert (von ahd. beraht nhd. glänzend) Wolf- + -ger (von ahd. ger nhd. Speer) Wolf- + -ram (von ahd. hraban nhd. Rabe)


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Literatur

Althochdeutsches Lesebuch von WILHELM BRAUNE. 17. Aufl., hg. von ERNST EBBINGHAUS. Tübingen 1994.
- Althochdeutsche Literatur. Von der "Benediktinerregel" bis zum "Ezzolied". Eine Auswahl. Herausgegeben und übertragen von HANS JOACHIM GERNENTZ. Berlin 1979.
- Deutsches Wörterbuch von JAKOB und WILHELM GRIMM. Nachdruck der Erstausgabe in 33 Bdn. München 1999.
- BACH, ADOLF: Deutsche Namenkunde, Bd. 1: Die deutschen Personennamen (Grundriß der germanischen Philologie, Bd. 18,1), Berlin 1943.
- DROSDOWSKI, GÜNTHER: Duden. Etymologie. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. Überarb. Nachdruck der 2. Aufl. Mannheim 1997.
- DROSDOWSKI, GÜNTHER: Duden. Lexikon der Vornamen. Mannheim 1974.
- FÖRSTEMANN, ERNST: Altdeutsches Namenbuch, Bd. 1: Personennamen, Bonn 21901, ND München/Hildesheim 1966
- GOTTSCHALD, MAX: Deutsche Namenkunde. Unsere Familiennamen, Berlin/New York 51982
- KARG-GASTERSTÄDT, ELISABETH / THEODOR FRINGS (Hrsg.), Althochdeutsches Wörterbuch. Auf Grund der von Elias von Steinmeyer hinterlassenen Sammlungen, Bd. 1: A und B, Berlin 1968
- KLUGE, FRIEDRICH: Etymologisches Wörterbuch der deutsche Sprache. 22. Aufl., völlig neu bearb. von ELMAR SEEBOLD. Berlin 1989.
- L. LLOYD, ALBERT / OTTO SPRINGER, Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen, Bd. 1: a - bezzisto, Göttingen/Zürich 1988
- PIPER, PAUL (Hg.): Die Schriften Notkers und seiner Schule. 3 Bände. Freiburg/Tübingen 1882/1883.
- SCHÜTZEICHEL, RUDOLF: Althochdeutsches Wörterbuch. 5., überarb. und erw. Aufl. Tübingen 1995.
- SEIBICKE, WILFRIED: Vornamen, Wiesbaden 1977
- SIEVERS, EBERHARD (Hg.): Tatian. Lateinisch und Altdeutsch mit ausführl. Glossar. Paderborn 1892.
- WILMANNS, WILHELM: Deutsche Grammatik. Lautlehre. Bd. 1. 3. Aufl. Strassburg 1911.
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