Jürgen Plieninger

OPL - One-Person-Libraries bzw. -Librarians

erschienen in: Tübinger Bibliotheksinformationen (TBI), 21.1999, H. 1, S. 20-21.


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Elke Bidell berichtete im letzten Heft von der Veranstaltung der OPL-Kommission des VdDB auf dem Bibliothekartag des Jahres 1998. Auch dieses Jahr wird auf dem Bibliothekartag (am Mittwoch, 26.05., 9-13 h), wieder eine vergleichbare Veranstaltung stattfinden. - In diesem Artikel soll es einführend darum gehen, was ein oder eine OPL eigentlich ist und welche Hilfsmittel (neudeutsch: Ressourcen) fuer die Betreffenden in elektronischer oder Printform angeboten werden.

Der Begriff OPL
Das Akronym OPL steht für "One-Person Libraries", wird aber auch "One-Person Librarian" verwendet. Im Amerikanischen ist auch der Begriff SOLO-Library oder SOLO-Librarian (kurz: SOLOs) gebräuchlich, der jedoch in der deutschen Diskussion keine Rolle spielt. Wenn ich es richtig sehe, wird der Begriff der/des OPL auch weiterhin in Deutschland gebräuchlich bleiben, weil alle deutschen Formen, wie z.B. "Einmann-Bibliothek", "Kleinstbibliothek" oder "Solo-Bibliothek" letztlich nicht so aussagekräftig sind wie der englische Begriff oder irgendwie komisch klingen.

Wer zählt zu den OPL?
Sowohl in den USA als auch in Deutschland wird die Diskussion des OPL-Konzepts im Umfeld der Spezialbibliotheken bzw. der entsprechenden Zweige der bibliothekarischen Verbände geführt, betrifft aber nicht unbedingt nur diese. Wer gehört denn dazu? Gemeint sind Arbeitsstellen, an denen eine bibliothekarische Fachkraft, die durchaus eine oder mehrere ungelernte Hilfskräfte haben kann, allein Bibliotheks- und Informationsdienste für eine Firma, für ein Institut oder für eine Kleinstadt anbietet. Es handelt sich also beim OPL-Konzept nicht um einen bestimmten Bibliothekstyp, trotzdem der Schwerpunkt der bisherigen Diskussion bei den Firmen- und Spezialbibliotheken liegt. Dies ist nicht weiter verwunderlich, da Bibliotheken dieses Typs einem ganz anderen Erfolgs- und Rechtfertigungsdruck unterliegen als die zum öffentlichen Dienst gehörenden Instituts- oder Stadtbibliotheken, weshalb für die hier Beschäftigten eine vorwärtsweisende Perspektive dringlicher als für andere ist. Ganz allgemein handelt sich beim OPL-Konzept um spezifische Arbeitsbedingungen und -perspektiven, die mit diesem Begriff konzeptionell erfaßt werden sollen.

Was ist ein/e OPL?
Aber was soll diese ganze Diskussion? Ein Bankkaufmann in einer kleinen Zweigstelle arbeitet doch auch allein, ebenso wie ein Vertreter, ohne daß für diese und vergleichbare Lagen gleich eigene Ansätze in der Betriebswirtschaftslehre gefordert werden? Was soll so Besonderes daran sein, als einzelne/r Bibliothekar/in zu arbeiten? Nun, das Konzept soll das Augenmerk darauf richten, daß die Betreffenden strukturell andere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit haben als Bibliothekare und Bibliothekarinnen, die in größeren Einheiten arbeitsteilig arbeiten. Sie müssen sozusagen den ganzen Kanon bibliothekarischer Arbeit beherrschen (wenn man so will: ganzheitlicher arbeiten) und unterliegen direkter der Einflußnahme und Beurteilung von außen, d.h. vom Klientel in der Institution, in der die OPL arbeitet. Nicht zuletzt müssen sie besonderes Augenmerk auf die optimale Gestaltung der eigenen Arbeit und auf die Vermittlung nach außen richten, was auch am OPL-Konzept als typisch amerikanisch anmutet, da Marketing und Self-Management im OPL-Konzept eine herausragende Rolle einnehmen! Und weil diese Komponenten bisher in der bibliothekarischen Ausbildung keine größere Rolle spielten, ist zudem noch die Fortbildungsperspektive eine wichtige Komponente der Initiativen im OPL-Bereich.

Wer fördert das OPL-Konzept?
Zwei Organisationen haben sich um die Verbreitung des Konzeptes in Deutschland verdient gemacht: Das Deutsche Bibliotheksinstitut (DBI) und der Verein der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken (VdDB).
Im DBI war es insbesondere Frau Morgenstern vom Beratungsdienst Wissenschaftliche Spezialbibliotheken, die initiativ wurde. Dieser Beratungsdienst rief ab 1995 ein Round Table ein, das immer noch periodisch tagt. Hier nehmen Kolleginnen und Kollegen teil, die als Multiplikatoren in verschiedenen Städten aktiv werden und Gesprächskreise initiieren sollen, die aber auch andere Tätigkeiten übernehmen, wie z.B. die Übersetzung von Texten. Das DBI gab seitdem drei Veröffentlichungen in seiner Reihe heraus, etliche Artikel sind zum Thema OPL erschienen im Bibliotheksdienst und es wurden Fortbildungsmaßnahmen veranstaltet. Der VdDB griff die Idee auf und gründete 1997 eine eigene OPL-Kommission, die sich seither sehr aktiv um die inhaltlichen Belange des OPL-Konzeptes kümmert, jeweils auf dem Bibliothekartag eine Veranstaltung zum Thema organisiert und stetig Fortbildungsmaßnahmen zu OPL-relevanten Themen durchführt. 1997 gab die Vorsitzende der OPL-Kommission das Buch "Das Robinson-Crusoe-Syndrom" heraus, das zweiundzwanzig Berichte aus der Praxis vereinte und mittlerweile vergriffen ist. Wichtiger Teil des Angebots der OPL-Kommission des VdDB ist die Förderung der Kommunikation unter den Betroffenen: So werden bereits bestehende OPL-Gesprächskreise mit Kontaktadressen veröffentlicht, ebenso sind die Adressenpool veröffentlicht, die auf eine Fragebogenaktion antworteten, um den Kontakt zu fördern. (Wer mit aufgeführt werden möchte, kann einen entsprechenden Fragebogen beim Autor des Artikels anfordern).

Wie kann man sich in Sachen OPL kundig machen?
Zum einen gibt es online gute Möglichkeiten, Texte zu lesen bzw. geliefert zu bekommen. Wahrscheinlich die beste Übersicht bietet die Homepage der OPL-Kommission des VdDB, hier sind auf einer Unterseite die online zugänglichen Texte aufgeführt. Wer an Diskussionen interessiert ist, kann auch die Mailingliste OPL abonnieren. Ihr Archiv ist unter http://radius.izn.niedersachsen.de/mailarchiv/opl/ einzusehen, ein Abonnement erfordert eine E-Mail an majordomo@izn.niedersachsen.de mit dem Inhalt "subscribe opl" (das Subject muß frei bleiben und es sollte auch eine eventuelle Signature gelöscht werden).
Zum anderen gibt es zahlreiche Zeitschriftenaufsätze und Monographien zum Thema, die auf der Literatur-Seite der Homepage der OPL-Kommission des VdDB aufgeführt sind. Die kürzeste Möglichkeit, sich kundig zu machen, ist die Checkliste "One-Person Libraries" von Guy St. Clair, welche wiederum ein Auszug aus der besten Möglichkeit der Information über OPL ist, nämlich dem Buch "One-Person Libraries: Aufgaben und Management" von Guy St. Clair. Beide sind vom DBI herausgegeben und verlegt und direkt dort erhältlich.
Sollten Sie Interesse an einem Austausch mit Kollegen und Kolleginnen haben, die ebenfalls in einer OPL arbeiten, so können Sie auch am ersten Treffen des OPL-Gesprächskreises im Raum Stuttgart kommen. Es findet am 12. Oktober in der Hochschule für Bibliotheks- und Informationwesen statt. Veranstalter ist der Arbeitskreis Information Stuttgart .


Soweit ein kurzer Überblick zu einem neuen Thema. Praxis und Austausch stehen im Vordergrund, im Grunde sehr anregend in einem Gebiet, das von (professionell) einsamer Tätigkeit geprägt ist.

 

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© Jürgen Plieninger, 25.08.1999